Momos

Maarten van Heemskerck: Momos tadelt die Werke der Götter. 1561. Von links: Poseidon, Aphrodite, Hephaistos, Pallas Athene, Momos mit Marotte

Momos (altgriechisch Μῶμος Mṓmos) ist gemäß der Theogonie Hesiods einer der vielen Söhne der Nyx und die Personifikation des Tadels und der Schmähsucht. Seine Entsprechung in der römischen Mythologie ist Querella.

Er gilt als Meister scharfzüngiger Kritik, der auch vor den Göttern nicht haltmachte. In den äsopschen Fabeln gibt es eine Schlüsselszene. „Zeus hatte den Stier geschaffen, Prometheus den Menschen und Athene das Haus, und nun verlangten sie von Momos sein Urteil. Der aber war neidisch auf die Schöpferkraft der andern und sagte: »Ihr habt es alle versehen. Zeus hätte dem Stier die Augen an die Hörner setzen sollen, damit er auch sieht, wohin er stößt. Prometheus hätte das Innere des Menschen nach außen kehren sollen, damit die Schurken nicht die andern betrügen können. Schließlich hätte Athene das Haus auf Räder stellen sollen, damit einer rasch weiterziehen kann, wenn er einen schlechten Nachbar hat.«“[1] Seine Mäkelei war so maßlos, dass sie auch vor den vermeintlich Makellosen nicht Halt machte. „Nein Venus dürffte sich wohl nackend lassen sehen / Weil Momus schon vorlängst an ihr nichts können schmähen / Als die gehörnten schuh.“[2] Aufgrund seiner Kritiksucht wurde er schließlich von Zeus aus dem Olymp geworfen.[3] Das wurde aber z. B. vom aufklärerischen Publizisten Gottlieb Wilhelm Rabener als Fehler kommentiert: „Die Goetter würden ohne den Momus einen sehr unvollkommenen Himmel gehabt haben. Es war jemand unter ihnen noethig, vor dessen Begierde, Boeses zu reden, sie sich scheuen mussten. Ihr Umgang würde endlich zu schlaefrig geworden seyn; sie würden zu wenig auf sich selbst Acht gegeben haben.“[4] Sein tradiertes Profil lautet daher: „Unter der grossen Menge der Götter/ welche die Heyden jhnen selber erdichtet/ findet sich auch einer/ mit Namen Momus, von welchem die Poeten fabuliren/ er sey ein solcher Gott/ der von dem Schlaf als Vattern erzeuget/ und von der Nacht/ als der Mutter gebohren/ der habe sich niemalen unterstanden/ selbsten etwas zu thun/ anzustellen und zu verrichten/ aber aller anderer Götter Werck/ Arbeit und Geschäfft hab er für witzig beschauet/ verspöttelt/ getadelt und verächtlich durch die Hechel gezogen/ und wo er gemeint/ daß etwas vergessen worden/ oder daß etwas übel gemacht und gerathen/ hab er das alles frey und ohne Scheu geurtheilt/ geandet und gestrafft.“[5]

Ursache seines Spottes ist nach Aloys Blumauer folgendes Ereignis: „Der alte Momus, der bisher/ Am Hof des Vater Jupiter/ Den Tischhanswursten spielte,/ Als er einst Junons Möpschen stieß,/ Bekam von ihm solch einen Biß,/ Daß er vor Schmerzen brüllte./ Und weil das Hündchen wüthig war,/ So ward es auch der arme Narr,/ Es schwoll ihm Mund und Kehle;/ Und jedes Wörtchen, das er sprach,/ Ward auf der Zunge Gift, und stach/ Die Götter in die Seele.“[6]

Sein Tadel wurde seit der Barockzeit schnell zum sprichwörtlichen Maßstab, so bei Johann Hermann Benner:[7] „Seine Anstalten sind so regelmäßig und unschuldig, daß sie der Momus nicht tadeln kan.“ Auch der Aufklärer Barthold Heinrich Brockes bezieht sich auf ihn in seinen Moralischen Gedichten (1736):[8] „Mit deinem Einwurff kommst du mir, Geliebter Freund, als wie der Momus, für, Der, eh’ er uns vollkommen halten sollte; Am Menschen Fenster haben wollte.“

  1. Momos als Kritiker. In: August Hausrath, August Marx: Griechische Maerchen. Maerchen, Fabeln, Schwaenke und Novellen aus dem klassischen Altertum. Eugen Diederichs, Jena 1913. Digitalisat der Ausgabe von 1922.
  2. Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Leipzig 1695, Band 1, S. 291. Digitalisat
  3. Philostratos, Epistulae 37
  4. Gottlieb Wilhelm Rabener: Beweis. Dass die Begierde, Uebels von andern zu reden, weder vom Stolze, noch von der Bosheit des Herzens, sondern von einer wahren Menschenliebe herrühre. In: Sammlung satyrischer Schriften. Theil 4. Dyck, Leipzig 1755, S. 399–421, hier S. 420f. Digitalisat
  5. Johann Jacob Bauller: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm 1681, S. 1032.
  6. Aloys Blumauer: Gesammelte Schriften. Dritter Theil. Gedichte. Zweiter Theil. Rieger’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1871, hier S. 134–135 Prolog zu Herrn Nikolai’s neuester Reisebeschreibung von Obermayer.
  7. Johann Hermann Benner: Die gegenwärtige Gestalt der Herrnhuterey in ihrer Schalckheit. Gießen 1746, hier S. 18.
  8. Barthold Heinrich Brockes: Jrdisches Vergnügen in Gott. Hamburg 1736, hier Band 5, S. 457.

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